Blauracke und Ortolan in Österreich bald ausgestorben

(09.06.2012) Aktuelle Version der Internationalen Roten Liste gefährdeter Vogelarten zeigt auf: Klimawandel und intensive Landwirtschaft verantwortlich für Artenverlust - Österreich dabei keine Ausnahme

Das Ergebnis der aktualisierten IUCN Red List für Vogelarten ist ernüchternd: In den Tropen sind es an die hundert verschiedenster Vögel, die im Amazonas ihr letztes Lied auf dieser Welt anstimmen.


Blauracke

Bereits mehr als eine Million Eisenten sind in den letzten zwanzig Jahren in Nord-Europa aus dem Baltischen Meer verschwunden.

Hierzulande ist damit zu rechnen, dass Blauracke und Ortolan im kommenden Frühling in der österreichischen Kulturlandschaft nicht mehr brüten.

Bei der Ursachensuche sind sich die Vogelexperten bei BirdLife einig: ob Klimaerwärmung oder das Verschwinden von Brachflächen in der Ackerlandschaft aufgrund intensiver Landwirtschaft - viele Vogelarten finden keinen adäquaten Lebensraum mehr vor.

Alle vier Jahre erstellt die Vogelschutzorganisation BirdLife International in Kooperation mit einem weltweiten tätigen Partnernetzwerk den umfassenden Bericht über den aktuellen Bestand von über 10 000 Vogelarten.

„Noch Anfang der 50er Jahre besiedelte die Blauracke das gesamte Ost- und Südsteirische Alpenvorland mit 300-400 Brutpaaren. In den 80er Jahren hatte sich der Bestand bereits auf ein kleines Areal in den Talböden des Sulzbaches und Drauchenbaches in der Südoststeiermark reduziert.

2011 konnten nur noch zwei erfolgreiche Bruten von 12 Blauracken festgestellt werden“, beschreibt Michael Tiefenbach von BirdLife Österreich die prekäre Situation für diese blaugefiederter Vogelart.

Ebenso ernst ist die Lage bei den Ortolan-Beständen: Der auch als Gartenammer bekannter Zugvogel war früher ein häufiger Gast auf Wiesen und Wegrändern oder abgeernteter Getreidefelder.

Das letzte regelmäßige Brutvorkommen in Österreich befindet sich im Talboden des Tiroler Oberinntals. „2005 konnten noch 26 Reviere nachgewiesen werden, 2011 nur noch 7“, so Ortolan-Experte Andreas Danzl.

Großflächiger Anbau von Mais drängt Wiesenflächen für Blauracke zurück

Der wichtigste Faktor, der den Fortbestand der Blauracke in Mitteleuropa gefährdet, ist der großflächige Lebensraumverlust aufgrund intensiver Landwirtschaft.

Mit der Zusammenlegung von Feldern und dem großflächigen Anbau von Mais verschwanden extensiven Wiesenbestände zwischen dem ehemals kleinschlägigen Mosaik von verschiedenen Feldfruchtflächen.

Aber auch die Ortolane in Tirol brauchen eine abwechslungsreiche, kleinparzellierte Ackerlandschaft mit vielen Getreide- und Kartoffelfeldern, die die wichtigsten Brutstandorte für diesen Bodenbrüter sichern.

Chance für Vogelarten: Schutzgebiete sowie Förderungen für eine naturnahe Landwirtschaft

„Seit der Ausweisung des steirischen Blauracken-Brutareals als Europaschutzgebiet (ESG „Südoststeirisches Hügelland) konnte mit Hilfe des Vertragnaturschutzes sowie von der Behörde finanzierte Biotopsicherungs- und Pflegemaßnahmen der Verlust an Grünland weitestgehend gestoppt werden“, so Tiefenbach über den Teil-Erfolg zur Rettung der Blauracke.

Denn die ehemals von der Blauracke besiedelten Täler außerhalb des Europaschutzgebietes sind mittlerweile nur mehr als hochindustrialisierte Maissteppe vorzufinden und völlig unbrauchbar für eine Wiederbesiedlung.

In Tirol wird seit 2009 mit einem landwirtschaftlichen Förderprogramm versucht das Ortolan Sterben aufzuhalten. Das Förderprogramm soll sicherstellen, dass die Felder im Brutgebiet einen hohen Anteil an Getreide- und Kartoffelfelder aufweisen und bei nachgewiesenen Brutvorkommen auf Bewirtschaftung während der Brutzeit verzichtet wird.

„Unser Engagement für einen nachhaltigen Vogelschutz zeigt vor allem dort  Erfolge, wo Schutzmaßnahmen auch die entsprechende politische Unterstützung und notwendigen Ressourcen vor Ort erhalten“, so Gerald Pfiffinger, Geschäftsführer von BirdLife Österreich.

10.064 Vogelarten wurden in der 2012 Red List von BirdLife International erfasst. Davon wurden 130 als ausgestorben deklariert, 4 als in der Wildnis ausgestorben, 197 vom Aussterben bedroht, 389 Arten sind stark gefährdet, 727 gefährdet, 880 potentiell bedroht, bei 7677 Arten wurden geringe Bedenken geäußert und bei 60 Arten gibt es zur Zeit nicht ausreichend bewertbare Daten.

www.iucnredlist.org


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