
Wintertagung 2023: Fachtag Grünland- und Viehwirtschaft
Fachtag Grünland- und Viehwirtschaft der 70. Wintertagung des Ökosozialen Forums
Alle beteiligten Stakeholder einbinden, um Potenziale in allen Bereichen der Kreislaufwirtschaft zu nutzen und zusammenzuführen.
Wien: Am Fachtag Grünland- und Viehwirtschaft der Wintertagung 2023 des Ökosozialen Forums Österreich & Europa diskutierten die Expertinnen und Experten über Potenziale und Herausforderungen der Kreislaufwirtschaft.
Sie kamen überein, dass man alle Bereiche der Kreislaufwirtschaft bedenken und zusammenführen sowie alle beteiligten Stakeholder vernetzen muss, um sämtliche Potenziale nutzen zu können. Denn Betriebe der Kreislaufwirtschaft sind rentabel, auch wenn es staatlicher Förderungen bedarf. Bei der Entwicklung der Kreislaufwirtschaftsstrategie müssen allerdings Vertreterinnen und Vertreter von Forschung und Praxis – vor allem aus dem Primärsektor – stärker einbezogen werden.
Pernkopf: Bäuerinnen und Bauern wirtschaften lassen
„Europa ist gefordert, seine Lebensmittel selbst zu produzieren, um den weltweit steigenden Hunger wieder einzudämmen und Abhängigkeiten zu verhindern. Ich halte daher nichts von Regelungen aus Brüssel, mit denen die Produktion in Europa verringert wird“, betont der Präsident des Ökosozialen Forums Österreich & Europa, Stephan Pernkopf.
„Die Bäuerinnen und Bauern sind dazu in der Lage, wenn man sie nur lässt. Österreichs Betriebe produzieren zudem am ökologischsten, sichern unsere Versorgung, schaffen Arbeitsplätze und halten Wertschöpfung im Land. Ich appelliere daher an alle, zu heimischen Lebensmitteln zu greifen.“
Mayrhofer: Primärsektor ist Nukleus für Kreislaufwirtschaft
„Bei der Nachhaltigkeit geht es um das Zusammenspiel und die gegenseitige Abhängigkeit von Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft. Dabei stellt sich die Frage, warum unser Leben in punkto Nachhaltigkeit nicht auf dem Niveau ist, auf dem es sein könnte. Gründe sind u.a. Marktversagen, die fehlende Preisrealität – während die tatsächlichen Kosten auf die Allgemeinheit abgewälzt werden –, die Übernutzung von Ressourcen, der Anstieg beim anfallenden Müll, ein falsch gerichteter Konsum und ungenützte Potenziale. Reduzieren wir etwa vermeidbare Abfälle in der Lebensmittelindustrie und insbesondere in den Haushalten, in denen 48 Prozent der Gesamtmenge bzw. 133 kg pro Haushalt und Jahr anfallen, können die Produktionsflächen anders verwendet werden“, so Hans Mayrhofer, Generalsekretär des Ökosozialen Forums Österreich & Europa.
Mayrhofer betont, dass bei der Kreislaufwirtschaft immer unterschiedliche Bereiche gemeinsam gedacht werden müssen, wozu es ein wissenschaftliches Fundament und die Einbindung der Praxis braucht. Als Projektbeispiele nennt er, Lebensmittelabfälle als Futtermittel zu verwenden, grasbasierte Wiederkäuersysteme, Agroforst oder nachhaltigen multifunktionalen Dünger. Es geht aber auch um Logistik und darum, Inputs auf dem Betrieb möglichst in einem Kreislauf zu führen und in neuen Kooperationen zu denken.
Er definiert drei notwendige Schritte hin zu einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft: „Erstens, eine nationale Strategie, in die der Primärsektor stärker eingebunden wird, denn er ist der Nukleus einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft. Zweitens, die Erweiterung der Betriebsberatung hin zu Kooperations- und Regionsberatung. Drittens, eine entsprechende Forschungsförderung.“
Jochen Kantelhardt ist Leiter des Instituts für Agrar- und Forstökonomie an der Universität für Bodenkultur in Wien sowie Mitglied des wissenschaftlichen Beirats des Ökosozialen Forums. Bei seinem Vortrag zur Rentabilität einer kreislauforientierten Wirtschaft führt er das Beispiel eines Milchviehbetriebs aus: „Wenn wir auf den Betrieb blicken, sehen wir Kreislaufwirtschaft. Da gibt es die Tierhaltung und die Bodennutzung, die über Wirtschaftsfutter und -dünger miteinander in Verbindung stehen. Es gibt aber ein störendes Element: Milch und Fleisch werden produziert, abgegeben und fallen somit aus dem Kreislauf. Man muss also wieder Energie in den Kreislauf einbringen.“
In einer Studie hat Kantelhardt mit Kollegen die Rentabilität eines solchen Betriebs untersucht.
„Ein kreislauforientierter Milchviehbetrieb ist grundsätzlich rentabel. Das Betriebsergebnis hängt allerdings im wesentlichen Maß von staatlichen Förderungen ab und verschlechtert sich im Vergleich zu Standardbetrieben, wenn die Entlohnung betriebseigener Produktionsfaktoren berücksichtigt wird. Aus Sicht von Umwelt und Gesellschaft wird weniger Input benötigt, wodurch die Betriebe Geld sparen, aber auch weniger Output produzieren. Insgesamt wird das Betriebsergebnis weniger von Marktgegebenheiten geprägt“, so Kantelhardt.
„Zukünftige Forschungsvorhaben müssen die aktuell fundamental veränderten Rahmenbedingungen und die einzelbetriebliche Situation berücksichtigen sowie neben der Rentabilität auch die Stabilität der Kreislaufwirtschaft beurteilen. Zudem sind die technologische Entwicklung und deren Wahrnehmung entscheidend.“ Die Studie zeigt auch: Österreich hat im EU-Vergleich den höchsten Anteil an Betrieben mit Kreislaufwirtschaft.
Winter: Wissen vernetzen und Risiken reduzieren
„Wesentliches Ziel der Landwirtschaft sind gesunde Tiere, Böden, Umwelt und Menschen, die aber allesamt eng miteinander verbunden sind. Diesen Ansatz nennt man in der Veterinärmedizin One Health“, so Petra Winter, Rektorin der Veterinärmedizinischen Universität Wien.
„Kranke Tiere bedeuten Leid, aus ökonomischer Sicht aber auch Ressourcenvergeudung. Daher ist eine Gesunderhaltung der Tiere mittels Tierhaltung, Fütterung, Hygiene u.a. wichtig, ebenso wie eine Früherkennung von Krankheiten und ein optimiertes Fütterungsmanagement, indem entsprechende Technologien genutzt werden. Und es geht um einen smarten Tierarzneimitteleinsatz mit einer Reduktion antimikrobieller Wirkstoffe und einer Verhinderung von Resistenzen.“
Bei der Zirkularisierung des Outputs – etwa über Gülle und Mist als Dünger oder tierische und pflanzliche Nebenprodukte zur Fütterung – muss wiederum verhindert werden, dass Pathogene oder Arzneimittelrückstände in den Kreislauf und zum Menschen gelangen. „Dazu hat die Tiermedizin wesentlich beigetragen“, so Winter.
„Wir müssen daher die Risiko- und Sicherheitsforschung mit in die Kreislaufwirtschaftsstrategie und -gestaltung aufnehmen. Es braucht vernetztes Denken aller beteiligten Stakeholder. Das erhöht zwar die Komplexität, aber wir sind an einem Punkt angelangt, an dem man mit Silodenken nichts mehr erreichen kann.“
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