Zahl der Wölfe steigt: WWF fordert mehr Behirtung von Weidetieren

(12.05.2022) Derzeit etwa 45 Wölfe in Österreich erfüllen wichtige Funktion für Natur – Rudelbildung in West- und Südösterreich erwartet – Schweizer Experte: Herdenschutz ist alternativlos – WWF fordert mehr Unterstützung für Almwirtschaft

Mit Beginn der Almsaison steht die Rückkehr der Wölfe in ihre alte Heimat erneut im Fokus. Laut der Naturschutzorganisation WWF leben derzeit etwa 45 Wölfe in Österreich. Neben drei bestätigten Rudeln wurden 2021 zusätzlich 36 Individuen nachgewiesen. Dabei handelt es sich vor allem um junge Wölfe aus den Nachbarländern, die auf der Suche nach neuen Territorien durch Österreich streifen.

„Wölfe sind ein wichtiger Teil unserer Natur. Nach ihrer Ausrottung vor 150 Jahren fassen sie nun langsam wieder Fuß in Österreich. Eine weitere Rudelbildung im Westen und Süden ist nur noch eine Frage der Zeit. Leider verschläft die Politik diese Entwicklung seit Jahren“, sagt WWF-Biologe Christian Pichler.


Schafhirten mit Herde und Schutzhunden in Tirol mit Herde und Schutzhunden in Tirol

Die Naturschutzorganisation fordert daher mehr Unterstützung im Aufbau von Herdenschutz und eine Wiederbelebung des Hirtenwesens nach Vorbild der Schweiz.

Expert*innen betonen bereits seit langem die wichtige Rolle von Wölfen für unsere Natur: „Wölfe dämmen die Ausbreitung von Krankheiten und Seuchen ein, indem sie kranke und schwache Wildtiere erbeuten. Außerdem helfen Sie den Jäger*innen beim Dezimieren des hohen Schalenwildbestands und reduzieren damit große Schäden am Jungwald.“

Die viel zu hohe Anzahl an Hirschen oder Wildschweinen verursache jährlich Verbissschäden in Millionenhöhe, betont Pichler. Zugleich würden aber kaum Mittel fließen, um ein möglichst konfliktfreies Zusammenleben mit Wölfen zu ermöglichen. „Der Wolf ist aus gutem Grund europaweit streng geschützt. Schafe derzeit leider noch viel zu wenig“, sagt Pichler.

Lernen von der Schweiz: Herdenschutz ist alternativlos

Der WWF sieht die Schweiz mit über 20 Jahren Erfahrung im Wolfsmanagement als Vorbild für Österreich. Daniel Mettler von der landwirtschaftlichen Beratungsstelle AGRIDEA ist überzeugt: “Ohne Herdenschutz geht es nicht. Das ist nach Jahren hitziger Diskussionen auch in Wolfs-kritischen Kreisen der Schweiz Konsens.“ Laut Mettler sind Abschüsse ein Bestandteil des Managements, aber nicht das erste Mittel der Wahl.

„Insbesondere Behirtung und Schutzhunde halten im alpinen Raum effektiv Wölfe ab. Zugleich ermöglicht eine konsequente Herdenführung ein besseres Weidemanagement und vermindert andere Todesursachen wie Stein- und Blitzschlag oder Krankheiten”, sagt Mettler.

Das sieht auch WWF-Experte Pichler so und Österreich noch ganz am Anfang: „Erste Erfolge bei Herdenschutz-Pilotprojekten sieht man in Tirol. Auch bei Förderung und Information gibt es hier Fortschritte. Doch es bleibt viel zu tun. Andere Bundesländer hinken noch weit hinterher. Das Land Kärnten etwa lässt Landwirte noch vollkommen im Stich. Es fehlt an sachlicher Information und am politischen Willen, Nutztiere besser zu schützen“, zeigt Pichler Verständnis für die Verunsicherung von Betroffenen.

Aktuelle Wolfs-Populationen in Nachbarländern Österreichs:

  • Schweiz: 16 Rudel, ca. 150 Individuen
  • Südtirol und Trentino: 22 Rudel, ca. 150 Individuen
  • Deutschland: 158 Rudel
  • Slowenien: 14 Rudel, 110 Individuen
  • Frankreich: 100 Rudel, 570 Individuen


Weitere Meldungen

Erster Einsatz des Beutegreifer-Notfallteams Österreich Mitte; Bildquelle: HBLFA Raumberg-Gumpenstein

Erster Einsatz eines Beutegreifer-Notfallteams der HBLFA Raumberg-Gumpenstein

Am Montag, dem 7. Juni 2021 kam zum ersten Mal ein Beutegreifer-Notfallteam zum Einsatz. Am Wochenende davor kam es im Gebiet der Agrargemeinschaft Schafburg in Hundsdorf zu einem Rissvorfall
Weiterlesen

WWF-Experte Christian Pichler und Schäfer Thomas Schranz mit Schutzhunden und Zäunen; Bildquelle: Greber / WWF

WWF: Derzeit 40 Wölfe in Österreich, aber zwei von drei Rudeln vermisst

Die Naturschutzorganisation WWF hat am Mittwoch aktuelle Zahlen zur Rückkehr der Wölfe nach Österreich veröffentlicht. Nach mehreren Wachstumsjahren gibt es demnach bis zu 40 Wölfe in Österreich,
Weiterlesen

WWF

Wolf in Salzburg: WWF und Naturschutzbund begrüßen Aufhebung des Abschussbescheids

Landesverwaltungsgericht bestätigt strengen Schutzstatus der Wölfe und gibt Beschwerde gegen Abschussbescheid statt – WWF und Naturschutzbund fordern Herdenschutz-Offensive der Politik
Weiterlesen

WWF

WWF kritisiert Abschuss-Bescheid für Wolf: Experten-Gutachten hat keine Entnahme empfohlen

Wildbiologe Hackländer plädierte für "Fang, Besenderung und Vergrämung" – Weiteres Gutachten belegt, dass Herdenschutz auch im betroffenen Almgebiet möglich und sinnvoll ist
Weiterlesen

WWF-Experte Christian Pichler und Schäfer Thomas Schranz mit Schutzhunden und Zäunen; Bildquelle: Greber / WWF

WWF fordert großes Herdenschutzpaket

Start der Almsaison: WWF legt Fünf-Punkte-Plan für konfliktarmes Zusammenleben mit Wölfen vor – Herdenschutz und Hirtenwesen fördern – Almwirtschaft besser unterstützen
Weiterlesen

Zaunbau in unwegsamen Gelände ; Bildquelle: HBLFA Raumberg-Gumpenstein

Herdenschutzseminar an der HBLFA Raumberg-Gumpenstein

Eine erfolgreiche Kooperation des Österreichzentrums Bär, Wolf, Luchs und der HBLFA Raumberg-Gumpenstein
Weiterlesen

WWF

Wolfstötung in Tirol: WWF und Naturschutzbund setzen 11.000 Euro Ergreiferprämie aus

Naturschutzorganisationen wollen Polizei bei der Aufklärung von Wilderei unterstützen – Umweltverbrechen müssen konsequent verfolgt und geahndet werden
Weiterlesen

WWF

WWF Österreich kritisiert Wolfs-Abschussforderungen in Salzburg

Büchse statt Herdenschutz ist der falsche Weg – Naturschutzorganisation wird rechtliche Schritte gegen etwaige Entnahme prüfen und kritisiert fehlende Präventionsmaßnahmen
Weiterlesen