Bei Tiertransporten herrscht dringender Verbesserungsbedarf

(02.10.2020) Einhellige Botschaft zum Welttierschutztag von heimischen Experten aus Politik und Veterinärmedizin - auch die Österreichische Tierärztekammer fordert unmittelbare Umsetzung der europäischen Tierschutzgesetzgebung

Ausgezehrte Nutztiere mit starrem Blick, die über 60 Stunden und mehr in LKWs von Österreich und der EU aus, ohne Ruhepause und ausreichend Wasser fast um die halbe Welt gekarrt werden.

Diese grausamen Bilder hat jüngst nicht nur eine TV-Dokumentation gezeigt. Auch die Corona-Krise hat einmal mehr eklatante Missstände in punkto Nutztiertransporte ans Licht gebracht.

Besonders jene Transporte, die in sogenannte Drittländer, also Länder außerhalb des EU-Raums gehen, verstoßen vielfach gegen geltendes Recht und fügen den Tieren unnötige Qualen und Leid zu.


Kurt Frühwirth, Alexander Rabitsch und Thomas Waitz

Eigentlich hätte Österreich bei tierischen Lebensmitteln das Zeug dazu, der „Feinkostladen Europas“ zu werden. Dies geht allerdings nur mit Qualität und Seriosität sowohl in der Herstellung als auch im Transport.

Daher ist es längst angebracht, gegen diese internationalen Langzeittransporte ein Zeichen zu setzen. Anlässlich des Welttierschutztages, der am 4. Oktober begangen wird, lud Tierschutz Austria (TSA, der neue Auftritt des Wiener Tierschutzvereins) daher Experten aus Politik und Tiermedizin zum konstruktiven Austausch.

Und es wurde schnell klar: Man zieht an einem Strang.

Alexander Rabitsch, Tierarzt und langjähriger Kontrolleur von Tiertransporten, weiß aus der Praxis zu berichten: „Eine rechtskonforme Beförderung von Tieren in weit entfernte Drittstaaten ist nahezu unmöglich. So gibt es außerhalb Europas keine nach europäischem Recht zertifizierten Versorgungsstellen, an denen die Tiere zwischen den Etappen abgeladen werden und ruhen können. Der Großteil der österreichischen Bevölkerung lehnt daher diese Transporte über weite Distanzen zu Recht ab“.

Diese Ablehnung hat sich mittlerweile auch bis nach Brüssel durchgeschlagen. Am 23. September hat im Europaparlament ein Untersuchungsausschuss zum Thema Tiertransporte begonnen, in dem auch der EU-Abgeordnete und Biobauer Thomas Waitz sitzt: „Die aktuelle EU-Verordnung ist veraltet und wird kaum eingehalten. Wir fordern nicht nur ein engmaschiges Netz an Kontrollen, sondern auch kürzere Transportzeiten und eine bessere Versorgung

der Tiere während der Reise.“ Was Transporte in Drittstaaten betrifft, so findet Waitz klare Worte: „Tiertransporte in Drittstaaten müssen verboten werden, solange hier die Einhaltung der EU-Tierschutzbestimmungen nicht garantiert werden kann“.

Missstände ortet auch die Österreichische Tierärztekammer (ÖTK): „Wir Tierärztinnen und Tierärzte haben zum Thema Tiertransporte eine klare Position: Wir halten an der unmittelbaren Umsetzung der europäischen Tierschutzgesetzgebung fest. Bedauerlicherweise sind eklatante Verstöße gegen den Tierschutz bei Transporten in Drittstaaten und an den EU-Außengrenzen derzeit an der Tagesordnung. Wir setzen uns dafür ein, dass diese entsprechend geahndet werden“, betont ÖTK-Präsident Kurt Frühwirth.

Der einhellige Appell der Experten anlässlich des Welttierschutztages ist also klar: Die Situation bei Nutztiertransporten ist untragbar geworden und bedarf dringender Untersuchung bzw. Verbesserung.

Alexander Rabitsch fasst es so zusammen: „Es bedarf dringend einer Untersuchung und Bewertung des Nutztiertransport-Unwesens und seiner Folgeerscheinungen durch unabhängige Experten.“ Thomas Waitz: „Für mich sind diese Missstände ein klarer politischer Auftrag“.

Für Kurt Frühwirth darf das Tierwohl nicht der Wirtschaft untergeordnet werden: „Wir Tierärztinnen und Tierärzte sind unserem Berufsethos verpflichtet, der wirtschaftlichen Interessen nicht unterworfen werden darf. Zudem darf Tierschutz nicht an der Grenze Österreichs oder Europas enden“.

Auch für Tierschutz Austria ist die Botschaft klar: „Wir brauchen Rechtssicherheit, klare, präzise und gut administrierbare Vorgaben an die Behörden, volle Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit und die Beachtung der Rechte von Tieren, dem Schutz vor Angst, Leid und Qualen. Anzeigen, drohende Strafen und wachsende Verunsicherung bringen uns nicht weiter, bringen vor allem den Tieren keinen umfassenden Schutz. Daher müssen EU-rechtliche und nationale Normen und die entsprechenden Durchführungs-Vorschriften klar und eindeutig sein und die Voraussetzungen für die rechtskonforme Anwendung gesichert werden“, sagt Vereinspräsidentin Madeleine Petrovic.


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