HoLMiR: Hohenheim Center for Livestock Microbiom Research

(10.10.2022) Wuropaweit einzigartiges 52 Mio-Euro-Projekt der Uni Hohenheim verfolgt neuen Ansatz in der Grundlagenforschung an Nutztieren

Mehr Tierwohl und Tiergesundheit, mehr Klimaschutz und weniger Umweltbelastung: Diese Ziele verfolgen Forscher:innen der Universität Hohenheim in Stuttgart mit einem neuen Ansatz: Sie erforschen das Wechselspiel zwischen Nutztieren und den Millionen Mikroorganismen in ihrem Verdauungstrakt.

Uni Hohenheim Bund und Land unterstützen die Universität mit dem Bau eines einzigartigen Forschungszentrums für rund 52 Mio. Euro.

Zu den Highlights gehören sogenannte Respirations-Kammern, mit denen sich die Zusammensetzung der Atemluft ausgewachsener Kühe analysieren lässt und High-Tech-Labore für Genanalysen, Molekularbiologie und die Simulation differenzierter Körpervorgänge.

Um die Förderung zu erhalten, musste sich das Hohenheim Center for Livestock Microbiom Research (HoLMiR) in einem harten Wettbewerb als wissenschaftliches Zentrum überregionaler Bedeutung nach Art 91b des Grundgesetzes durchsetzen.

Als Basis des Gebäudes umschließt der Grundstein neben Münzen, Bauplänen und einer Stuttgarter Zeitung auch einen Bezoarstein. Bezoare sind Fremdkörper aus Tiermägen, die einst als magische Heilsteine galten.

Jedes höhre Lebewesen ist ein Mikrokosmos

Biologisch gesehen ist jedes höhere Lebewesen ein Mikrokosmos für sich: die Körper von Mensch, Schwein, Huhn oder Kuh sind Lebensraum für Milliarden von Mikroorganismen.

In den Mägen und Darm einer einzigen Kuh kommt dieses Mikrobiom auf ein Gesamtgewicht von mehreren Kilogramm.

Diese Mikroorganismen beeinflussen sogar die Psyche und das Wohlbefinden von Nutztieren. Sie sind entscheidend, wie gesund Nutztiere sind, wie gut sie ihre Nahrung verwerten und was sie an Klimagasen oder umweltbelastenden Stoffen ausscheiden.

Andersherum beeinflussen Futter und Verhalten der Tiere, wie sich das Mikrobiom in ihrem Körper zusammensetzt. So entsteht ein komplexes Zusammenspiel – mit bedeutenden Folgen für Tier, Umwelt und Klima.

HoLMir vereint Expertise zu Tierernährung, Mikrobiologie, Genetik, Zucht, Verhalten…

Ein Forschungsteam der Universität Hohenheim hat sich vor Jahren aufgemacht, um dieses Wechselspiel und seine Auswirkungen zu ergründen.

Dazu gehören unter anderem auch Fachleute aus Tierernährung, Mikrobiologie, Genetik, Tierzucht, Verhaltens- und Tierphysiologie. Sprecher der Gruppe ist Prof. Dr. Markus Rodehutscord.

Das Hohenheim Center for Microbiom Livestock Research (HoLMiR), dessen Grundstein heute feierlich gelegt wurde, wird diesen Forschenden, dem wissenschaftlichen Nachwuchs und den Studierenden nun eine europaweit einzigartige Ausstattung bescheren.

Tatsächlich handelt es sich bei HoLMiR um zwei Gebäude mit rund 3.500 Quadratmetern Nutzungsfläche:

Das Labor- und Institutsgebäude (Modul I) beherbergt den Hightech-Park an Großgeräten. Dazu gehört z.B. ein Laser-Scanning-Mikroskop, das die dreidimensionale Struktur-Analyse von Körpergewebe ermöglicht. Dank Hoch-Durchsatz-Technik kann jede Sekunde das Erbgut von bis zu 10.000 Zellen oder Mikroorganismen erfasst werden. Daneben können die Forscher:innen Körpervorgänge in künstlichen und echten Organen simulieren.

Die tierexperimentelle Einheit (Modul II) bietet Unterbringung und Infrastruktur für bis zu 250 Rinder, Schafe, Schweine und Geflügel nach modernstem tierschutzrechtlichen Standard. Einmalig sind unter anderem die sogenannten Respirationskammern, in denen sich ein ganzes Rind aufhalten kann, um z.B. die Zusammensetzung der Atemluft bei verschiedenen Futtervarianten zu untersuchen.

Mehr zu den Forschungsschwerpunkten von HoLMiR und den beteiligten Wissenschaftler:innen im Angehängten Hintergrund und unter https://holmir.uni-hohenheim.de

Forschung am Tier und für das Tier

Zum Teil ist es durch die Laborversuche möglich, Versuche am Tier zu ersetzen oder zu reduzieren. Allerdings kann auch die Forschung des HoLMiR nicht ganz auf Tierversuche verzichten.

Zu den Tierversuchen zählen zum Beispiel die Beobachtung des Tierverhaltens, die Entnahme von Blutproben oder die zeitweilige Haltung in Spezialkäfigen, in denen Kot und Urin gesammelt werden.

Manche Versuche machen es nötig, die Nutztiere am Ende zu schlachten, um anschließend die Schlachtkörper oder den Darminhalt zu untersuchen.

Eine Besonderheit sind die sogenannten „fistulierten Kühe“. Ähnlich wie bei einem künstlichen Darmausgang wurde diesen Tieren ein Zugang zum Pansen in die Körperflanke eingesetzt.

Diese sogenannte „Fistel“ erlaubt es, den Tieren über viele Jahre hinweg Proben aus dem Vormagen zu nehmen, ohne sie dabei zu beeinträchtigen. Meist erreichen die Versuchstiere dabei ein hohes Alter und leben ein Leben, das sich sonst wenig von dem einer anderen Stallkuh unterscheidet.

Mehr zu Tierversuchen an der Universität Hohenheim und den Hohenheimer Leitlinien für Tierversuche unter www.uni-hohenheim.de/tierversuche




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