Nashorn aus dem Eis

(08.10.2007) Erstmals glückte eine Besamung bei Nashörnern mit Gefriersperma. VUW-Wissenschafter: „Ein wichtiger Erfolg für den Artenschutz!“


Dr. Robert Hermes bei der Untersuchung
Einem Team von Wissenschaftern aus Wien und Berlin ist es weltweit erstmals geglückt, ein Breitmaulnashorn mit Sperma zu besamen, das drei Jahre lang tiefgefroren war.

Eine Hormonuntersuchung durch Professor Franz Schwarzenberger von der VUW hat letzte Woche auf ein aus dem Eis gezeugtes Nashornbaby hingewiesen.

Die Ultraschalluntersuchung durch Wissenschafter des Berliner Leibniz-Instituts für Zoo und Wildtierforschung (IZW) und der Veterinärmedizinischen Universität Wien (VUW) im Zoo Budapest erbrachte jetzt den Beweis: Die Nashornkuh Lulu ist im 4. Monat von einem 1740 Kilometer entfernt lebenden Nashornbullen trächtig.

Ihr Baby wird im November 2008 zur Welt kommen. Bereits heute gibt es für das erst zehn Zentimeter große Nashornbaby Namensvorschläge. Favoriten sind derzeit ‚Ice’, ‚Frozen’ und ‚Cool’.

Für den 38-jährigen und damit hoch betagten Reagenzglasvater „Simba“ aus Großbritannien wird dies der erste Nachwuchs sein. Trotz zwei junger Artgenossinnen im Zoo von Colchester hatte er bisher noch keine Nachkommen zeugen können.

Zur Überraschung der IZW-Wissenschafter zeigten sich seine Spermien bei einer Fruchtbarkeitsuntersuchung von sehr guter Qualität und eigneten sich hervorragend für die Lagerung in flüssigem Stickstoff.

Für das Tiefgefrieren der Spermien wurde eine neuartige, für Wildtierspermien schonende Gefriertechnik angewendet. Im Juni dieses Jahres hatten die Wissenschaftler die dreijährige Eisstarre der Spermien beendet. Während einer in Wien entwickelten, speziellen Nashornnarkose wurden die wieder mobilen Samen tief in die Gebärmutter der Budapester Nashorndame eingebracht.

„Dieser wissenschaftliche Erfolg bietet erstmals die Möglichkeit, neues Erbmaterial aus der Wildnis in die Nashornzucht einzubringen, ohne dass dazu Tiere transportiert werden müssen“, sagt Prof. Franz Schwarzenberger: „Künftig können Reproduktionsexperten frei lebende Bullen betäuben, ihnen Sperma entnehmen und den gefrorenen Samen in Zuchtprogrammen weltweit nutzen.“

Sein Kollege vom IZW Dr. Robert Hermes ergänzt: „Dies ist ein enorm wichtiges Ergebnis für die Artenschutzbemühungen.“ Besonders für das Nördliche Breitmaulsnashorn, von dem es nur noch drei in freier Wildbahn und acht in zoologischen Gärten gibt, könne dies für das Überleben eine wichtige (Ver-)Sicherung darstellen.

Hermes: „Spermien können von den Tieren in der Wildbahn entnommen und tiefgefroren werden.“ Selbst nach dem Tod eines Nashornbullen, etwa durch Wilderer, wäre es möglich, die Gefrierspermien weiter für die Nachzucht zu verwenden. „Dies könnte eine wichtige Maßnahme sein, um die extrem bedrohten Nördlichen Breitmaulnashörner vor dem Aussterben zu bewahren“, sagt Hermes.

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