Vom Aussterben bedrohte Waldrappe sind fit für ihre Reise in die Toskana
(22.08.2015) Eines der größten Artenschutzprojekte Europas startete im Januar 2014. Ziel des Projekts: Bis 2019 soll die Zugvogelart Waldrapp in Europa wieder heimisch sein.
TierärztInnen der Vetmeduni Vienna stellen sicher, dass die Tiere gesund in den Süden fliegen können. 31 handaufgezogene Waldrappe starten am kommenden Samstag Richtung Süden. Sie folgen einem Ultraleichtflugzeug nach, das ihnen den Weg weist. Die anderen Jungtiere werden erfahrenen Altvögeln folgen.
Am Samstag Früh beginnen die Tiere ihre Reise in Seekirchen in Salzburg und legen dann im südlicheren Mauterndorf eine erste Pause ein
Bis ins 17. Jahrhundert war der Waldrapp in Mitteleuropa heimisch. Der skurril aussehende Zugvogel wurde damals intensiv bejagt und verschwand um 1630 komplett aus Europa. Heute steht er laut Zoological Society of London auf Platz 12 der am meisten bedrohten Vogelarten weltweit.
Die Vetmeduni Vienna mit ihrem Service für Ziervögel ist seit 2008 mit der medizinischen Versorgung der Waldrappe betraut. Wir untersuchen regelmäßig den Gesundheitsstatus der Tiere. Die Jungtiere müssen für ihre Reise in den Süden fit sein, erklärt die betreuende Vogeltierärztin Alexandra Scope.
Dieses Jahr fliegen 48 Jungtiere erstmals in den Süden. Wir kontrollieren das Gewicht der Tiere, führen eine allgemeine klinische Untersuchung durch und überprüfen, ob es Infektionen bei den Vögeln gibt. Eine Blutuntersuchung kann Aufschluss über Organerkrankungen liefern.
Aufzucht geschieht von Menschenhand aber auch durch Elterntiere
Einige Waldrappe werden von Menschenhand aufgezogen, andere von Elterntieren. Dieses Jahr wurden 32 Tiere im Tiergarten Schönbrunn von Hand aufgezogen. Eines der Tiere verunglückte leider tödlich.
17 weitere Tiere wurden von ihren Eltern in Kuchl, Salzburg und in Burghausen, Bayern aufgezogen. In Seekirchen am Wallersee wurden die Waldrappe darauf trainiert, einem Ultraleichtflugzeug zu folgen. Vergangene Woche litten einige der handaufgezogenen Tiere, vermutlich wegen der extremen Hitze, unter einer akuten Magen-Darm-Infektion.
Vor ihrer Reise werden die Waldrappe darauf trainiert, dem Ultraleichtflugzeug zu folgen
Der Start musste deshalb verschoben werden. Die Vögel wurden inzwischen erfolgreich behandelt, sind jetzt fit für den Flug und dürfen ihre Reise in die südliche Toskana beginnen.
Auch die von den Eltern aufgezogenen Jungvögel werden bald von erwachsenen Tieren in den Süden geführt. Die älteren Tiere kennen den Weg bereits. Die WissenschafterInnen vom Waldrappteam hoffen, dass die Vögel, sobald sie geschlechtsreif sind, selbständig zwischen Alpen und Toskana migrieren. Einige Vögel tun dies bereits.
Scope fährt selbst regelmäßig in die Toskana, um die Waldrappe am Überwinterungsstandort medizinisch zu betreuen. Im kommenden Jahr wird sie dort bereits über 80 Waldrappe vorfinden. Ein Waldrapp, der im vergangenen Jahr angeschossen und von uns behandelt wurde, ist nach einem Flügelbruch wieder voll flugfähig und zog dieses Jahr wieder Junge auf, berichtet Scope.
Die Europäische Union fördert die Wiederansiedelung des Waldrapps
Im Rahmen eines EU Projektes LIFE+ Biodiversity mit PartnerInnen aus Österreich, Italien und Deutschland soll der Waldrapp in Europa wieder angesiedelt werden. Der Plan lautet: Bis 2019 sollen wieder mehr als 120 Waldrappe zwischen dem nördlichen Alpenvorland und der Toskana migrieren.
Das Projekt basiert auf den langjährigen Erfahrungen des Artenschutzprojektes Waldrappteam, das mit seiner Arbeit bereits 2002 begann.
Eine Blutuntersuchung beim Waldrapp kann Aufschluss über Organerkrankungen liefern
Eine erste kleine Brutkolonie lebt mittlerweile in Burghausen, Bayern. Zwei weitere Brutkolonien sind in Kuchl, Salzburg und in Überlingen, Baden- Württemberg vorgesehen. Insgesamt sind mehrere sogenannte menschengeleitete Migrationen mit Flugzeug von den verschiedenen Brutgebieten in das gemeinsame Wintergebiet in der südlichen Toskana geplant.
Waldrappe sind friedliche Tiere. Daher entstehen auch selten Konflikte mit der Gesellschaft. Eine Gefährdung von Menschen oder Haustieren durch den harmlosen Vogel ist jedenfalls auszuschließen. Überall, wo Waldrappe auftreten, erregen sie durch ihr besonderes Aussehen Aufmerksamkeit. In den Brutgebieten und im Wintergebiet werden sie schnell zu Sympathieträgern.