Stachellose Bienen lassen Nester von Soldatinnen verteidigen

(24.02.2017) Angriff von Räuberbienen treibt die Evolution von größeren Wächterinnen und damit die Arbeitsteilung im Bienenstock voran

Stachellose Bienen besitzen zwar keinen Giftstachel, um Feinde abzuwehren, sie können ihr Nest aber trotzdem gegen Angriffe verteidigen. Erst vor vier Jahren wurde entdeckt, dass eine brasilianische Bienenart, die Jatai-Biene, Soldatinnen hervorbringt.

Johannes Gutenberg-Universität Mainz Die etwas größeren Kämpferinnen bewachen den Eingang des Nestes und packen bei einem Angriff den Räuber mit ihren Mandibeln. Nun haben Biologen der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) zusammen mit brasilianischen Kollegen der Universität São Paulo und der Agrarforschungsgesellschaft Embrapa in Belém vier weitere Arten gefunden, die eine spezielle Soldatinnenkaste zur Nestverteidigung entwickeln.

"Es handelt sich also um keinen Einzelfall, sondern wir finden auch bei anderen stachellosen Honigbienen eine erstaunliche Vielfalt der sozialen Organisation", sagt Dr. Christoph Grüter von der JGU. Die Wissenschaftler hatten insgesamt 28 Arten aus ganz unterschiedlichen Lebensräumen in Brasilien untersucht.

Weltweit gibt es über 500 Arten von stachellosen Honigbienen, etwa 400 davon allein in Brasilien. Sie bilden hochsoziale Staaten mit einer Königin und sammeln Pollen, wie die in Europa heimischen Honigbienen auch.

Viele der stachellosen Arten sind Angriffen von Räubern allerdings hilflos ausgeliefert. Diese Räuberbienen, ebenfalls stachellos, aber meist etwas größer, haben es komplett aufgegeben, selbst Blüten aufzusuchen.

Stattdessen dringen sie in fremde Nester ein und stehlen Honig und Pollen, selbst Wachs und Brutfutter werden entwendet. 2012 haben Christoph Grüter und seine Kollegen erstmals entdeckt, dass parasitische Räuber bei den Jatai-Bienen (Tetragonisca angustula) kein so leichtes Spiel haben. Der Nesteingang wird von Wächterinnen geschützt, die größer sind als andere Arbeiterinnen des Stocks.

"Nun haben wir bei mehreren von 28 untersuchten Arten festgestellt, dass Stockwächterinnen, die den Eingang verteidigen, grösser sind als andere Arbeiterinnen. Diese Soldatinnen überragen die Pollensammlerinnen in der gleichen Kolonie um 10 bis 30 Prozent", erklärt Grüter mit einem Hinweis darauf, dass größere Wächterinnen bessere Kämpferinnen sind.

Größere Wächterinnen fanden die Evolutionsbiologen vor allem bei Arten, die häufig attackiert werden. Der Angriff von Räubern ist, so vermuten die Autoren, die treibende Kraft für die Evolution einer speziellen Kaste unter den Arbeiterinnen und damit für die stärkere Arbeitsteilung in dem Sozialstaat.

"Wir konnten die Räuberbienen als klare Verdächtige ausmachen, die zur Evolution dieser Soldatinnen geführt haben", so Grüter. Analysen zeigten, dass die Ausdifferenzierung der Bienenarbeiterinnen in den letzten 25 Millionen Jahren mindestens fünfmal entstand und mit dem Auftauchen parasitischer Räuberbienen einhergeht.

Damit deckt die Wissenschaftlergruppe aus Mainz und Brasilien noch einen weiteren neuen Befund auf. Bislang wurde angenommen, dass die Arbeitsteilung bei Bienen hauptsächlich auf dem Alter basiert.

Junge Tiere sind im Innern des Stocks mit der Reinigung beschäftigt und versorgen die Larven. Mit zunehmendem Alter wandern sie Richtung Nestausgang, um dann von dort aus auf Nahrungssuche zu gehen. Bei den Soldatinnen verhält es sich anders.

Sie sind von Geburt an größer als ihre Nestgenossinnen, das heißt die Arbeitsteilung in einem Bienenstock beruht nicht nur auf dem Alter der Tiere, sondern auch auf ihrer Morphologie.



Weitere Meldungen

Plan4bee-Projekt zielt darauf ab, die Bestäubungsleistung in dieser Kultur zu verbessern; Bildquelle: Katharina Stein

Projekt PLAN4BEE: Bienen in Afrika schützen

Julius Kühn-Institut (JKI) koordiniert neues DFG-Projekt, um Kooperationen mit Subsahara-Afrika aufzubauen zum Schutz von Bestäubern in Agrarökosystemen - jetzt online!
Weiterlesen

Dr. Vincent Doublet, Biologe und Erstautor der Studie; Bildquelle: Daniela Stang

Varroamilben schaden Honigbienen doppelt: parasitische Milben begünstigen die Verbreitung opportunistischer Viren

Die Varroamilbe schädigt Honigbienen nicht nur durch ihr Parasitentum, sondern auch, weil Varroa-infizierte Bienenvölker eine höhere Belastung mit schädlichen Viren aufweisen als nicht-infizierte Völker
Weiterlesen

Die Interaktion von Hummeln mit Blüten wird deutlich effizienter, wenn die Blüten gemustert sind. Links ein Männchen der hellen Erdhummel, rechts eine Arbeiterin der dunklen Erdhummel.; Bildquelle: Anna Stöckl und Johannes Spaethe/Universität Würzburg

Blütenmuster machen Hummeln effizienter

Die Suche nach Nektar kostet Insekten viel Energie, sie müssen also möglichst effizient vorgehen. Bunte Muster auf den Blütenblättern helfen dabei kräftig mit
Weiterlesen

Querschnitt eines Nestes der Apis mellifera (Europäische Honigbiene / Westliche Honigbiene).; Bildquelle: Michael L Smith

Architektonische Meisterwerke von Honigbienen und Wespen

Obwohl die Evolution Honigbienen und soziale Wespen vor 179 Millionen Jahren getrennt hat, entwickelten beide Arten eine ähnliche Lösung für den Nestbau.
Weiterlesen

Platterbsen-Mörtelbiene; Bildquelle: Björn von Reumont

Erbgutanalyse beleuchtet Herkunft des Bienengifts

Bienen, Wespen und Ameisen gehören zur Gruppe der Hautflügler und injizieren bei einem Stich einen ganzen Cocktail an Giftkomponenten. Trotz ihrer immensen ökologischen und ökonomischen Bedeutung war bislang wenig über die Herkunft ihres Gifts bekannt
Weiterlesen

Honigbienen

Ganz und gar nicht faul: männliche Honigbienen (Drohnen)

In einer kürzlich in der Zeitschrift Animal Behaviour veröffentlichten Studie zeigten Forschenden, dass männliche Honigbienen (Drohnen) zeitweise die aktivsten Mitglieder des Bienenvolkes sind
Weiterlesen

Bienen

Wie das Geschlecht der Bienen festgelegt wird

Ein Forschungsteam der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) aus Biologen und Chemikern hat nun ein Schlüsselgen gefunden und den molekularen Mechanismus, der mit dem Gen verbunden ist
Weiterlesen

Prof. Dr. Christian Laforsch, Frederic Hüftlein M.Sc. und Dr. Matthias Schott (v.l.n.r.) in einem Labor des Lehrstuhls für Tierökologie I der Universität Bayreuth.; Bildquelle: UBT / Chr. Wißler

Dieselabgaspartikel schädigen Hummeln

Der Rückgang der Insekten bedroht weltweit viele Ökosysteme. Während die Auswirkungen von Pestiziden gut erforscht sind, fehlte es bisher an Erkenntnissen über die Folgen anderer anthropogener Schadstoffe
Weiterlesen


Wissenschaft


Universitäten


Neuerscheinungen