Flussperlmuschel und Malermuschel in Gefahr

(25.11.2015) Mit dem Projekt „ArKoNaVera“ wollen TUD- und Helmholtz-Forscher die deutschen Großmuscheln retten

Noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts bevölkerten die Malermuschel (Unio pictorum) und die Flussperlmuschel (Margaritifera margaritifera) viele Flüsse in Deutschland. Heute gelten sie als gefährdet oder sind gar vom Aussterben bedroht.

Im Projekt „ArKoNaVera“ suchen Forscher der Technischen Universität Dresden (TUD) und des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) Leipzig nun nach Strategien, um diese Großmuscheln in deutschen Gewässern zu retten.

Am 27. November 2015 stellt Prof. Beate Jessel, die Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz, das Vorhaben in Passau öffentlich vor.


Flussperlmuschel-Nachzucht

Die Abkürzung „ArKoNaVera“ steht für „Umsetzung regionaler Schutzmaßnahmen und Entwicklung eines neuen überregionalen Artenschutzkonzeptes für die nationalen Verantwortungsarten: Flussperlmuschel Margaritifera margaritifera und Malermuschel Unio pictorum“.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und das Bundesamt für Naturschutz (BfN) fördern dieses Projekt mit insgesamt 5,4 Millionen Euro, verteilt auf sechs Jahre. Die Koordination hat die TU Dresden übernommen.

Isolierte Muschelvölker durch Inzucht geschwächt

Der Hintergrund: Großmuschel-Bestände existieren in den deutschen Flüssen heute nur noch wenige. Diese Muschelpopulationen sind oft stark überaltert und fristen ein isoliertes Dasein. Dies führt zu Inzucht, das Erbgut der Populationen durchmischt sich kaum noch. Dadurch verarmt die einstige genetischen Vielfalt der Muscheln, schwächt ihre Widerstandskraft und macht sie krankheitsanfälliger.

Die Forscher aus Dresden und Leipzig wollen daher nun im Projekt „ArKoNaVera“ herausfinden, welche Umwelteinflüsse die Fortpflanzung und das Heranwachsen der Jungtiere beeinträchtigen. Auch widmen sie sich der Frage, wie sich die als „kulturhistorisch bedeutend“ eingestuften Muschelarten nachzüchten beziehungsweise neuansiedeln lassen.

Gemeinsam mit regionalen Ämtern, Behörden und Planungsbüros möchten sie Schutzkonzepte für die Großmuscheln entwickeln. Diese Ansätze werden dann in Pilotregionen in Bayern und Sachsen erprobt, zum Beispiel in Niederbayern, im sächsischen Vogtland und in den Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaften.

Dresdner Software soll neuen Lebensraum für Muscheln finden

TUD-Forscher vom Lehrstuhl für Limnologie unter Leitung von Prof. Thomas Ulrich Berendonk begleiten diesen Prozess wissenschaftlich. Sie bauen eine Großmuschel-Datenbank auf und entwickeln softwaregestützte Entscheidungshilfe-Werkzeuge. Mit diesen neuen Computerprogrammen wollen sie Gewässer finden, die als Lebensraum für die Muscheln geeignet sind.

Auch soll die Software Vorschläge unterbreiten, wie (und mit welchem Investitionsaufwand) bisher ungeeignete Gewässer so umgestaltet werden können, dass dort Großmuscheln überleben und sich fortpflanzen können.

Ein UFZ-Team um Prof. M. Weitere vom Department Fließgewässerökologie analysiert die Nahrungsansprüche der Jungmuscheln und entwickelt Methoden, um die Muschelvölker zu überwachen.



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