Forschungsverbund FORTiGe: Tiergesundheit durch Genomik

(23.06.2021) Warum sind manche Tiere anfälliger für Krankheiten als andere? Dies haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Technischen Universität München (TUM) genauer untersucht.

Sie fanden bei Nutztierarten genetische Unterschiede, die dafür verantwortlich sind, dass einzelne Tiere weniger anfällig sind für bestimmte Krankheiten. In einer großen Studie haben die Forschenden die Machbarkeit und Effizienz von CRISPR-Cas9-Editierungen belegt.

Die Möglichkeiten der Genom-Editierung in der Nutztierzucht sind noch nicht systematisch erforscht worden. Der von der Bayerischen Forschungsstiftung geförderte Forschungsverbund FORTiGe wollte nun klären, inwiefern mit den molekularbiologischen Methoden der Genomanalyse und der Genom-Editierung die Tiergesundheit verbessert werden kann.


Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unter der Federführung der TUM haben untersucht, inwiefern mit den molekularbiologischen Methoden der Genomanalyse und der Genom-Editierung die Tiergesundheit von Nutztieren verbessert werden kann.

Dafür haben die Forscherinnen und Forscher genomweite Untersuchungen und die Genschere CRISPR-Cas9 eingesetzt. Mithilfe des CRISPR-Cas9 Verfahrens können gezielt DNA-Bausteine im Erbgut umgeschrieben werden.

Dabei haben die Forschenden ausschließlich genetische Veränderungen anvisiert, die so auch in der Natur vorkommen könnten. Solche Veränderungen könnten auch im Rahmen klassischer Tierzüchtung erreicht werden, doch das kann viele Generationen und Jahrzehnte dauern, während die Genom-Editierung in wenigen Generationen zum Ziel führt.

Genomische Methoden zur Sicherstellung der Jungtiergesundheit

Beim Rind identifizierten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Gene, die den Geburtsverlauf, die Jungtiergesundheit und die Widerstandsfähigkeit des Stoffwechsels von Kühen maßgeblich beeinflussen. „Einige der identifizierten Genomstellen können künftig zur Verbesserung der Tiergesundheit genutzt werden“, erklärt Ruedi Fries, Professor für Tierzucht an der TUM und Sprecher des Verbunds.

Die Arbeitsgruppe von Angelika Schnieke, Professorin für Biotechnologie der Nutztiere an der TUM, fand eine Möglichkeit, per Genom-Editierung Schweine zu erzeugen, die gegenüber der Ödemkrankheit resistent sind. Diese Infektionskrankheit betrifft vor allem frisch abgesetzte, also von der Muttermilch entwöhnte Ferkel, deren Darmmilieu durch die Futterumstellung aus dem Gleichgewicht geraten ist.

Bei anfälligen Tieren können sich pathogene Escherichia Coli-Keime stark vermehren und durch Toxine zum Tod der Ferkel führen – ein Grund, warum hier bislang häufig Antibiotika zum Einsatz kommen.

Viruserkrankungen bei Geflügel vermeiden

Darüber hinaus konnten genomeditierte Hühner gezüchtet werden, die gegen das aviäre Leukosevirus resistent sind. Die Tiere wurden durch die Gruppe von Benjamin Schusser, Professor für Biotechnologie der Reproduktion, erzeugt. Die Resistenz wurde durch ausführliche immunologische Untersuchungen und Infektionsversuche sowohl in Zellkulturen als auch bei lebenden Tieren bestätigt.

„Das aviäre Leukosevirus kann zu schweren Erkrankungen und starker Wachstums- sowie Legedepression im Geflügel führen“, erklärt Prof. Schusser. „Durch die Forschungen könnten nun Herden von Tieren aufgebaut werden, die nicht krank werden, weil sie gegen diese Viren resistent sind.“

Genetisch veränderte Tiere als Perspektive für die Landwirtschaft

„In allen Untersuchungen verwendeten wir genetische Veränderungen, wie sie auch auf natürliche Weise vorkommen könnten“, betont Prof. Fries. So findet sich die Genvariante, die zur Resistenz gegen die Ödemkrankheit führt, zwar in bestimmten Schweinerassen, bei den bayerischen Zuchttieren kommt sie aber nur selten vor. Die Variante eines bestimmten Proteins, die zur Resistenz gegen das aviäre Leukosevirus führt, kommt beim Huhn nicht vor, findet sich aber zum Beispiel bei Wachteln.

„Die Forschungsresultate eröffnen realistische Perspektiven zur Unterstützung der Landwirte und Landwirtinnen in ihren Bestrebungen, die Tiergesundheit und das Tierwohl zu verbessern“, resümiert Prof. Fries.




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