Zukunft der Schweinehaltung: Unterschiede und Widersprüche
(03.06.2014) Wer innerhalb von wenigen Stunden und innerhalb weniger Kilometer in unterschiedlichen Betrieben der Schweinehaltung über den Hof und in die Ställe geht, der kann nachdenklich werden angesichts der Unterschiede und auch der Widersprüche, die er erlebt.
Den Teilnehmern der Frühjahrstagung der Agrarsozialen Gesellschaft ging es so Ende Mai auf ihrer Tagungsexkursion: Da gibt es den Schweinebereich im Versuchs- und Bildungszentrum Landwirtschaft Haus Düsse der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen: auf dem aktuellen Stand der Technik im Bereich Stallhaltung, kompetent und innovativ beispielsweise im Bereich Beschäftigungssysteme mit dem Düsser Wühlturm.
Und ein paar Autominuten weiter: den Naturland-Hof Steinhoff mit Sauenhaltung und Schweinemast nach Verbandsrichtlinien mit Tieren im Auslauf und Besuchern ohne Schutzanzüge. Das sind zwei Welten. So viel zu den Unterschieden.
Und die Widersprüche? Die einen prognostizieren die Zukunft der Schweinehaltung in geschlossenen Stallanlagen mit Spaltenböden, Abluftreinigung etc. Auf der anderen Seite spricht ein Vertreter der Biofleisch NRW e. G. auf dem Ökobetrieb unabhängig von der vorherigen Aussage überzeugt davon, dass genau das Gegenteil eintreten werde: In zehn Jahren werde es mehr Tiere geben in (partieller) Außenstallhaltung mit Stroheinstreu.
Genauso widersprüchlich sind die Aussagen zum Schwanzbeißen und dem damit verbundenen Kupieren. Hier die Botschaft, dass das Abtrennen der Schwänze - es geht um das hintere Drittel - infektionsfrei mit Hitze für den sofortigen Wundverschluss erfolgen kann.
Das Phänomen des Schwanzbeißens sei multifaktoriell und bisher nicht eingrenzbar sei. Dort die Aussage, dass der letzte Fall trotz 1.300 Ferkeln pro Jahr schon eineinhalb Jahre zurückläge, das Problem aber ansonsten nicht bestehe, weil die Ferkel im ökologischen Haltungssystem mit Zugang nach draußen, ausreichend Stroh und Bewegungsraum gut versorgt seien.
Auf die Frage des Tagungsthemas "Die landwirtschaftliche Nutztierhaltung hat Zukunft! Aber welche?" gab die Exkursion also keine eindeutige Antwort.
Dr. Martin Heil, aid.de