"Tiere öffnen Welten" in der Altenhilfe

(18.10.2004) Zertifikate für 20 Teilnehmer der ersten KDA-DiCV-Weiterbildung

Die Zunahme von älteren Menschen mit Demenz verlangt nach neuen Kommunikations- und Betreuungsformen. Das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) und der Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln (DiCV) haben daher erstmals die berufsbegleitende Weiterbildung "Tiere öffnen Welten" angeboten, bei der es um den Einsatz von Tieren in der Altenhilfe geht. Vergangenes Wochenende ist sie zu Ende gegangen: Die 20 ersten Teilnehmer, die aus ganz Deutschland kamen, legten ihre Abschlussprüfungen ab.

"Die Resonanz auf unser Weiterbildungsangebot war unglaublich hoch. Wir hatten sehr viele Nachfragen", sagt Alfred Vollmer, der beim Diözesan-Caritasverband für das Projekt verantwortlich ist.

Das hat Christine Sowinski, Pflegeexpertin des KDA, nicht verwundert. Schließlich funktioniere die "normale" zwischenmenschliche Kommunikation oft nicht mehr, wenn alte Menschen an einer Demenz erkrankten. Familienangehörige wie professionell Pflegende fänden dann oft keinen Zugang mehr zu ihnen und verzweifelten. "Die Betroffenen leben oft wie versunken in ihrer eigenen Welt", beschreibt Sowinski das Krankheitsbild. "Wirkungsvoll sind dann vor allem Zugehensweisen, die die Gefühlsebene ansprechen. Tiere können dabei oft sehr helfen oder zumindest eine 'Türöffner'-Funktion übernehmen". So hat die KDA-Pflege-Expertin schon oft beobachtet, dass gerade Menschen mit Demenz sehr positiv auf Tiere reagieren. "Ich kenne Beispiele, da haben die Betroffenen oft monatelang nicht auf andere Menschen reagiert und dann kommt ein Hund zu ihnen und sie beginnen ihn zu streicheln und mit ihm zu sprechen."

Ähnlich positive Erfahrungen hatten auch schon einige der Teilnehmer der KDA-DiCV-Weiterbildung gemacht. So setzt eine Teilnehmerin aus Duisburg ihren Hund beispielsweise beim Gedächtnis- und Bewegungstraining mit Altenpflegeheimbewohnern ein. Eine andere nimmt ihre Vierbeiner regelmäßig in die Tagespflege mit, wo diese den Senioren viel Spass und Freude bereiten. Einige engagieren sich in Hunde-Besuchsdiensten in Alten-Einrichtungen.
Während der insgesamt neunmonatigen Weiterbildung wurden diese Erfahrungen wissenschaftlich untermauert. Dafür sorgten anerkannte Fachleute wie beispielsweise der Erlangener Psychologe Prof. Dr. Erhard Olbrich, einer der führenden Wissenschaftler Deutschlands auf dem Gebiet der Mensch-Tier-Beziehungen. Zum Dozententeam der insgesamt 132 Unterrichtsstunden umfassenden Bildungsmaßnahme gehörte auch die Kieler Wolfsforscherin und Hundeexpertin Dr. Dorit Feddersen-Petersen. Doch nicht nur Wissenschaftler, sondern auch Praktiker aus den Bereichen Altenpflege, Hundeschule, Veterinärmedizin, Hygiene und Tierschutz kamen zu Wort. Ebenso standen Praxiseinsätze und Hospitanzen auf dem Programm.

"Eine rundum gelungene Mischung", wie die 20 Teilnehmer zufrieden in der Abschlussrunde vermerkten. Sie alle können sich über ein Zertifikat freuen, das zeigt, dass sie nun in der Lage sind, den Einsatz von Tieren in der Altenhilfe nicht nur zu initiieren und zu planen, sondern auch durchzuführen und Erfolgskontrollen dazu vorzunehmen.

"Denn uns ist wichtig", sagt KDA-Geschäftsführer Klaus Großjohann, "dass die Leute nicht denken, sie könnten einfach irgendwie ein Tier in ein Altenheim bringen und dann passiert schon irgendetwas Positives. Um wirklich dauerhaft Wirkungen im Sinne einer Steigerung der Lebensqualität aller Beteiligten zu erzielen, darf man die Begegnungen zwischen Mensch und Tier aber nicht dem Zufall überlassen."

Das ist erst recht wichtig, wenn man Träger und Leiter von Altenhilfe-Einrichtungen für das Thema gewinnen will. Denn obwohl nach KDA-Einschätzung immer mehr Altenheime auch Tieren gegenüber offen sind, herrscht doch bei vielen noch Skepsis vor. Ganz typische Gegenargumente seien Angst vor Mehrarbeit und vor Krankheitsübertragungen durch Tiere. Die Teilnehmer der Weiterbildung "Tiere öffnen Welten" wissen nun, wie sie darauf in Zukunft reagieren werden, denn sie haben viele gute Lösungen zur Tierversorgung in Alteneinrichtungen kennen gelernt. Und sie wissen, dass bestimmte einfache Hygienegrundregeln wie beispielsweise das Händewaschen nach Tierkontakt mögliche gesundheitliche Risiken eindämmen.
Auf unterschiedliche Weise wollen sie nun dazu beitragen, dass der qualifizierte Einsatz von Tieren in den Alteneinrichtungen, in denen sie haupt- oder ehrenamtlich tätig sind, immer mehr zum Alltag gehört und damit zum Standard wird.

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