Was gibt es Neues zu Wurminfektionen und Koliken beim Pferd?

(25.07.2022) Dass der Befall mit gastrointestinalen Parasiten wie Strongyliden, Askariden und Bandwürmern bei Pferden Koliken verursachen kann, ist im veterinärmedizinischen Feld bekannt.

Wie relevant dieser Zusammenhang jedoch angesichts jahrzehntelanger routinemäßiger Behandlung mit Anthelminthika gegenwärtig tatsächlich ist, dieser Frage sind Forschende in einer aktuellen Studie nachgegangen.

ESCCAP

Strongylus vulgaris, Parascaris spp. & Anoplocephala perfoliata

Zu den wichtigsten gastrointestinalen Parasiten beim Pferd zählen Strongylus vulgaris (große Strongyliden), die Spulwürmer Parascaris spp. sowie Bandwürmer wie Anoplocephala perfoliata.

Diese Wurmarten parasitieren bei Pferden im Dünn- und Dickdarm und können mitunter Krankheitszeichen wie Durchfall, Abmagerung sowie Koliken verursachen. Von besonderem Interesse war in der Vergangenheit S. vulgaris, da dieser durch das klinische Syndrom der thrombotisch-embolischen Kolik als „Pferdekiller“ galt.

Verursacht wird diese Kolik durch S. vulgaris-Larven, die in den Endothelien der den Dickdarm versorgenden Arterien bis zur Arteria mesenterica cranialis sowie Aorta wandern (Abb. 1).

Prospektive Fall-Kontroll-Studie von 620 adulten Pferden

Auf Infektionen hinsichtlich eben dieser drei Parasiten – S. vulgaris, Parascaris spp. und A. perfoliata – wurden im Rahmen der prospektiven Fall-Kontroll-Studie 620 adulte Pferde untersucht, um den Zusammenhang zwischen Kolik und Wurminfektion zu analysieren.

Die eine Hälfte der Pferdeklinik-Patienten war wegen einer Kolik aufgenommen worden, die andere Hälfte wegen einer nicht-intestinalen Erkrankung.

Für jedes Pferd erhoben die StudienautorInnen klinische, serologische sowie kopro-mikroskopische Daten. Ergänzt wurden diese durch Informationen zur Anamnese, die frühere anthelmintische Behandlungen und Haltungsbedingungen umfassten.

Kein offensichtlicher Zusammenhang zwischen Infektionsbefund und Kolik

Wie in jüngeren Studien aus Skandinavien ergab auch die hier hervorgehobene Untersuchung keinen statistisch belegten Zusammenhang zwischen einem positiven S. vulgaris-Nachweis und einem erhöhten allgemeinen Kolikrisiko.

Hier bleibt es Gegenstand aktueller Untersuchungen zu klären, ob eventuell lediglich bestimmte Kolikausprägungen, vor allem nicht-strangulierende Darminfarkte, bei S. vulgaris-Infektionen entstehen. Jüngere Studien legten zudem nahe, dass eine S. vulgaris-Infektion eher im Zusammenhang mit anderen Krankheitserscheinungen, wie z. B. einer Bauchfellentzündung, stehen. Unter den 620 untersuchten Pferden wurde nur jeweils bei lediglich fünf eine Bandwurm- bzw. Spulwurmeiausscheidung festgestellt.

Unerwartet hohe S. vulgaris-Seroprävalenz

Im Rahmen der kopro-mikroskopischen Untersuchung (FLOTAC-basiert) zeigte sich für Magen-Darm-Strongyliden mit 41,8 % die höchste Infektionsrate, bei A. perfoliata und Parascaris spp. lag sie hingegen bei jeweils 0,8 %. Signifikante Unterschiede in Bezug auf die einzelnen Studiengruppen (Aufnahme wegen Kolik/Aufnahme ohne Kolik bzw. gastrointestinaler Erkrankung) zeigten sich nicht.

Mittels Echtzeit-PCR wurde eine DNA-Prävalenz von 1,1 % für S. vulgaris festgestellt. Unter ELISA-Verwendung ergaben sich deutlich höhere Seroprävalenzen von S. vulgaris (32,3 %) und A. perfoliata (10,7 %).

Wobei bemerkenswert war, dass bei keinem dieser Ergebnisse ein Zusammenhang zu Koliken festgestellt werden konnte. Jedoch zeigte sich ein 1,8-fach erhöhtes Risiko für die Ausscheidung von Strongylideneiern bei einer S. vulgaris-Seropositivität.

Erhöhtes Kolik-Risiko & Zeitspanne der zurückliegenden Entwurmung

Bezüglich des Auftretens von Koliken konnten die StudienautorInnen einen Zusammenhang zur Zeitspanne der zurückliegenden Anthelminthika-Behandlung beobachten.

Pferde, die in der vorangegangenen Woche ein Anthelminthikum erhalten hatten, wiesen ein 2,4-fach höheres Risiko für Anzeichen von Koliken auf als Tiere, die mindestens acht Wochen zuvor behandelt worden waren. Bemerkenswert war zudem, dass Ponys deutlich seltener von Koliken betroffen waren als Warmblüter.

Fazit: Relevanz der Bekämpfung von Wurminfektionen

Zusammenfassend hielten die StudienautorInnen fest, dass die untersuchten intestinalen Parasiten als Ursache für Koliken in den 620 adulten Pferden, die in die Pferdeklinik aufgenommen wurden, eine kleinere Rolle spielten.

Allerdings zeigen die hohe S. vulgaris-Seroprävalenz von 32,3 % und die beträchtliche Seroprävalenz von A. perfoliata (10,7 %), die in dieser Untersuchung festgestellt wurden, die hohe Relevanz von konsequenten und wirksamen Bekämpfungsmaßnahmen gegen Helminthen-Befall bei Pferden.

Konkrete Empfehlungen und Hinweise zu Entwurmungsstrategien und Hygienemaßnahmen finden Tierärztnnen, Tiermedizinische Fachangestellte sowie PferdehalterInnen beispielsweise in der ESCCAP-Empfehlung Nr. 8 „Empfehlungen zur Behandlung und Kontrolle gastrointestinaler Parasiten bei Pferden und anderen Equiden“ sowie im ESCCAP-Pferdeflyer „Warum muss ich mein Pferd entwurmen?“ online auf www.esccap.de. Besuchen Sie uns auch auf Facebook und Twitter!


Gehlen H et al. Comparative Analysis of Intestinal Helminth Infections in Colic and Non-Colic Control Equine Patients. Animals 2020, 10, 1916; doi:10.3390/ani10101916

Empfehlungen zur Behandlung und Kontrolle gastrointestinaler Parasiten bei Pferden und anderen Equiden Deutsche Adaption der ESCCAP-Empfehlung Nr. 8, August 2019,


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