Mauersegler bleiben ihren Reisezielen in Afrika treu

(16.02.2017) Der Biologe Arndt Wellbrock von der Universität Siegen beobachtet seit fast fünf Jahren das Zugverhalten von Mauerseglern. Er hat unter anderem herausgefunden, dass die Vögel immer wieder dieselben Überwinterungsgebiete anfliegen.

Seine Erkenntnisse hat er jetzt im „Journal of Avian Biology“ einem internationalen Fachpublikum vorgestellt.

Mauersegler sind Vielflieger unter den Zugvögeln: Bis zu zehn Monate im Jahr verbringen sie ununterbrochen in der Luft, den größten Teil davon am Himmel von Afrika.

Der Biologe Arndt Wellbrock von der Universität Siegen beobachtet seit 2012 das Zugverhalten einer Mauersegler-Kolonie aus dem Kreis Olpe.


Der Biologe Arndt Wellbrock bei der Arbeit mit "seinen" Mauerseglern unter der Talbrücke Ronnewinkel im Kreis Olpe

Er hat herausgefunden, dass jeder einzelne Vogel zum Überwintern immer wieder dieselben Gebiete anfliegt. Beim Vergleich der Reiseziele einzelner Individuen hat Wellbrock dagegen deutliche Unterschiede festgestellt: Selbst Angehörige ein- und derselben Brutkolonie überwintern an verschiedenen Orten, die häufig tausende von Kilometern auseinanderliegen.

„Innerhalb der Kolonie gibt es sehr individuelle Zugmuster. Die einzelnen Tiere verfolgen offensichtlich ihre eigenen Überwinterungsstrategien“, erklärt Arndt Wellbrock.

Seine Erkenntnisse hat er jetzt im „Journal of Avian Biology“ veröffentlicht. Es handelt sich um die ersten Zugdaten von Mauerseglern, die in Deutschland brüten.

Um den Reiseweg der Segler zu rekonstruieren, stattet Wellbrock jedes Jahr zehn Tiere aus der Olper Kolonie mit kleinen Daten-Rucksäcken aus, so genannten „Geolokatoren“.

Sie zeichnen auf, wie lange es in der Umgebung des Vogels hell ist. Kehren die Vögel aus ihren Überwinterungsgebieten südlich der Sahara zurück, fängt Wellbrock die „Rucksack-Touristen“ ein und entfernt die Geolokatoren wieder.

Anhand der darin gespeicherten Informationen über die Tageslänge und den Sonnenauf- und -untergang kann der Biologe berechnen, wo sich die Mauersegler zu welchem Zeitpunkt aufgehalten haben.

„Drei Vögel konnten wir über einen Zeitraum von zwei Jahren verfolgen – daher wissen wir, dass jeder einzelne von ihnen wiederholt dieselbe Flugroute genutzt hat“, sagt Wellbrock.

Die Aufzeichnungen eines Brutpärchens belegen dagegen das unterschiedliche Zugverhalten einzelner Individuen: „Das Männchen hat sich in vier verschiedenen Überwinterungsgebieten aufgehalten und ist bis Tansania geflogen. Das Weibchen hat es dagegen mit fünf Ortswechseln bis Südafrika geschafft.“

Das Zugverhalten der Mauersegler beschreibt Wellbrock als „individuelles Reisen in Gesellschaft“. Jedes Tier verfolgt seine eigene Route, trotzdem fliegen die Segler selten allein.

Auf ihrer Reise suchen sie immer wieder den Kontakt zu Artgenossen. Angezogen werden die Vögel dabei von Gebieten mit einem hohen Insektenaufkommen in der Luft.

Sie dienen den Mauerseglern als Nahrungsquelle. „Möglicherweise folgen die Mauersegler den Regenzeiten in Afrika“, sagt Arndt Wellbrock. „Auf den Regen folgt das Grün – und damit jede Menge Insekten für die Mauersegler.“

In wenigen Wochen erwartet der Biologe Daten, die Aufschlüsse über diesen möglichen Zusammenhang zwischen den Flugrouten der Mauersegler und Wetterereignissen wie anhaltenden Regenfällen geben könnten.

Im Herbst hat Wellbrock zehn Vögel aus der Olper Kolonie mit einer neuen Technik ausgestattet. Im Unterschied zu den bisher verwendeten Geolokatoren messen ihre Datenspeicher neben den Lichtwerten auch den Luftdruck, die Luftfeuchtigkeit und die Beschleunigung.

Wenn die Vögel Ende März/ Anfang April zum Brüten nach Olpe zurückkehren, will Wellbrock die Daten auswerten und sie mit den Wetterdaten aus den Überwinterungsgebieten vergleichen. „Dann können wir vielleicht sagen, ob die Mauersegler in Afrika wirklich einer grünen Welle folgen“, sagt Wellbrock.

Und noch eine Erkenntnis erhofft er sich: „Die Daten des Beschleunigungssensors könnten uns verraten, wann genau die Mauersegler auf ihrer Reise aktiv fliegen oder passiv gleiten und wie sich ihre Flugaktivität auf den verschiedenen Stationen ihrer Reise über Europa und Afrika verändert.“



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