Zoo- und Wildtierforschung im namibischen Regenwald

(29.05.2011) Das Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) beteiligte sich am diesjährigen Tag der Artenvielfalt in Namibia.


Expeditionsteam um Jörg Melzheimer am Tag der Artenvielfalt in Okongo, Namibia
Unter dem Motto „Forests for People“ (Wälder für Menschen) versammelten sich dabei mehr als 500 lokale und internationale Teilnehmer im Gemeindewald von Okongo nahe der angolanischen Grenze. Dort ist die Biodiversität durch starke Übernutzung des Waldes gefährdet.

Der „Biodiversity Action Day“ findet jedes Jahr in Namibia statt. Neben Angehörigen der lokalen Ovambo und San Bevölkerungsgruppen aus den umliegenden Siedlungen folgten diverse Schulklassen aus Windhoek, Journalisten, Mitarbeiter verschiedener namibischer Ministerien sowie der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) der Einladung des namibischen Ministeriums für Umwelt und Tourismus. Sie alle scheuten die zum Teil lange Anreise nicht und schlugen ihre Zelte im kleinen Dorf Omauni auf.

Ein Team junger namibischer Wissenschaftler von EduVentures wurde mit der Konzeption und Durchführung dieser Veranstaltung betraut. Die am Nationalmuseum angegliederte Organisation EduVentures, geleitet von dem Ex-Berliner Holger Vollbrecht, ist spezialisiert auf Umweltbildung und wissenschaftliche Dienstleistungen. Logistisch wurde das Team von der namibischen Armee unterstützt, angeleitet durch die deutsche Beratergruppe der Bundeswehr.

Ebenfalls dabei war Jörg Melzheimer vom IZW, der als Experte und Gruppenleiter für die Inventarisierung der Säugetier- und Reptilienfauna eingeladen wurde. „Die Herausforderungen sind in jedem Jahr andere“, berichtet Melzheimer, der bereits 2010 am namibischen Tag der Artenvielfalt teilgenommen hatte.

Dieser fand am höchsten Gipfel des Landes, dem Brandberg, statt. „Am Brandberg mit seiner hohen Artenvielfalt hatten wir alle Hände mit der Bestimmung und Katalogisierung der gefundenen Säuger und Reptilien zu tun.

Hier in Okongo mussten wir uns stundenlang durch das dichte Unterholz kämpfen, um überhaupt einzelne Tiere zu finden.“ Gerade deshalb hatte Dr. Konrad Uebelhör, GIZ-Berater am namibischen Umweltministerium, den von Menschen stark genutzten Gemeindewald von Okongo als diesjährigen Austragungsort gewählt. Artenvielfalt in Afrika sei kein musealer Luxus, sondern erhalte erst als Ressource für die lokale Bevölkerung seine Bedeutung, so Uebelhör.

Im Mittelpunkt des Aktionstages stand deshalb neben der Inventarisierung der biologischen Vielfalt die Nachhaltigkeit der Nutzung des Waldes und seiner Wildtiere. Wissenschaftler, technische Berater der GIZ, Ministeriumspersonal und die Stammesältesten der Dörfer im Gemeindewald berieten gemeinsam über nachhaltige Nutzungsformen des Waldes und seiner natürlichen Ressourcen.

Eine Gruppe untersuchte die Möglichkeit der touristischen Erschließung und Vermarktung des Waldes und seines Wildes. Zwei andere Gruppen beschäftigten sich mit Bienenhaltung und Honigproduktion sowie der Zucht des einheimischen Perlhuhns.

IZW-Mitarbeiter Melzheimer stellte in seinem Vortrag in Okongo den menschlichen Einfluss auf die Biodiversität in den Mittelpunkt. „Der Wald ist strukturell unheimlich vielfältig und einer der schönsten, den ich bisher gesehen habe. Jedoch ist er auch leider einer der wildärmsten Wälder.“ Viele Jahre Guerillakrieg zwischen namibischen Freiheitskämpfern und der südafrikanischen Armee (bis 1989) und der anhaltende Jagddruck durch die lokale Bevölkerung haben die Wildbestände sehr dezimiert.

Artenvielfalt (Biodiversität) bedeutet in Okongo vor allem auch die Erweiterung des täglichen Speiseplans für die Bewohner der angrenzenden Gemeinden. Trotz des Einsatzes unterschiedlichster Methoden, inklusive vollautomatischer Kamerafallen an Wildpfaden und Wasserstellen, kehrte die Gruppe um Melzheimer nach einem Tag im „Dschungel von Okongo“ nur mit einer kurzen Artenliste ins Basislager zurück.

Dennoch zieht Melzheimer ein positives Fazit: „Auch in Namibia gilt die Maxime des Tags der Artenvielfalt: Nur was wir kennen und verstehen, werden wir auch achten und schützen. Diesem Zustand sind wir in Okongo ein großes Stück näher gekommen.“

Tangeni, der Dorfälteste aus Omauni schloss den Tag der Artenvielfalt mit seinem Wunsch: „Ich habe hier Antilopen, Löwen und Elefanten im Wald gesehen und mich an ihnen erfreut. Meine Söhne leider schon nicht mehr, aber ich hoffe, dass wenigstens meine Enkel wieder die Tiere des Waldes erleben können.“

www.izw-berlin.de



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