So wollen Forscher das Nördliche Breitmaulnashorn retten

(04.05.2016) Im Dezember 2015 versammelte sich eine internationale Gruppe von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in Wien, um das drohende Aussterben des Nördlichen Breitmaulnashorns zu diskutieren und Möglichkeiten zu erörtern, wie dies verhindert werden kann.

Die Ideen und Pläne dieses historischen Treffens erscheinen nun in dem internationalen Fachmagazin Zoo Biology. Die Veröffentlichung ist Teil der fortlaufenden Bemühungen, auf die Aussterbenskrise aufmerksam zu machen, welche die Nashörner und viele andere Arten bedroht.

Ziel ist es, vor allem die Wissenschaftsgemeinschaft zu erreichen und so den Austausch und das Sammeln von Informationen voranzubringen.

“Der Versuch, das Nördliche Breitmaulnashorn zu retten, erfordert neue Technologien, neue Ansätze und Problemlösungen, um dessen drohendes Aussterben zu verhindern“, sagt Dr. Joseph Saragusty, Androloge am Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) in Berlin.


Das Nördliche Breitmaulnashorn Nabiré, ein 32-jähriges Weibchen im ZOO Dvùr Králové, starb leider am 27. Juli 2015

„Nur durch das produktive Engagement eines internationalen multidisziplinären Expertenteams kann das ehrgeizige Ziel erreicht werden, das Nördliche Breitmaulnashorn vor seinem andernfalls sicheren Untergang zu bewahren.“

Die Debatte rund um die Rettung des Nördlichen Breitmaulnashorns thematisiert Genetik und Zellbiologie, Wissenschaftsethik und die Bedeutung langfristigen strategischen Denkens sowie fortwährender Kommunikation.

Ein Dreh- und Angelpunkt dieser Diskussion ist die Notwendigkeit, eine genetische Gewebebank mit  eingefrorenem Gewebe, Spermien und Eizellen zu erhalten und diese als Material im Kampf gegen das Aussterben zu verwenden.

“Von dieser einzigartigen Nashornunterart wurde in San Diego und Europa genetisches Material in einer Kryobank eingefroren und aufbewahrt“, sagt Dr. Oliver Ryder, Genetiker des San Diego Zoo Global.

„Die genetischen Ressourcen in Form konservierter lebensfähiger Zellkulturen, Gewebe und Spermien, sowie die Möglichkeit, induzierte pluripotente Stammzellen herzustellen, sind die Grundlage unserer Hoffnung, eine lebensfähige Population Nördlicher Breitmaulnashörner entwickeln zu können.“

Da ein wenig genetisches Material von Nördlichen Breitmaulnashörnern vorhanden ist, sieht die Expertengruppe moderne Reproduktionstechnologien als Hoffnung für die Zukunft der Art.

„Es war ein langer Weg von der Idee zu dem Meilensteinplan, den wir in Wien entworfen haben. Ich bin froh, dass wir so viele kompetente Unterstützer in der Wissenschaftsgemeinschaft gefunden haben, die an die Anwendung moderner zellulärer und reproduktiver Technologien für die genetische Rettung der Nördlichen Breitmaulnashörner glauben.

Jetzt müssen wir zeigen, dass diese neuartige Strategie etwas bewegen kann“, sagt Prof. Dr. Thomas Hildebrandt, Leiter der Abteilung Reproduktionsmanagement am IZW.

Die letzten drei Nördlichen Breitmaulnashörner wurden 2009 aus dem ZOO Dvùr Králové in Tschechien nach Kenia ins Ol Pejeta Conservancy transportiert und leben seitdem dort.

„Obwohl wir die Nördlichen Breitmaulnashörner in unserem Zoo aufziehen konnten, können sie sich aufgrund ihres Gesundheitszustandes leider nicht mehr natürlich fortpflanzen.

Nun sind wir optimistisch, dass die in Wien entworfene innovative Forschung es den drei letzten Exemplaren ermöglichen wird, einen Nachkommen ihrer eigenen Art zu Gesicht zu bekommen“, sagt Jan Stejskal, Direktor für Internationale Projekte des ZOO Dvùr Králové.

Neben dem Informationsaustausch über reproduktive Technologien diskutierte die Expertengruppe auch die ethische Frage, ob für die Rettung einer einzigen Art überhaupt Ressourcen verbraucht werden sollten.

Die Forscher hoffen, dass die durch diesen Aufwand gesammelten Informationen und Erkenntnisse in Zukunft auch für die Rettung anderer vom Aussterben bedrohter Arten angewandt werden können.



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